Wir alle sind oder werden manchmal Opfer von Falschmeldungen, fehlerhaften Interpretationen oder Wahrnehmungsverzerrungen.
Ein einfaches Beispiel dafür ist der Halo-Effekt, nach dem man von bekannten Eigenschaften einer Person auf Unbekannte schließt (“Er arbeitet bei einem Autozulieferer, dann liebt er sicher Autofahren und ist kein leidenschaftlicher Radfahrer”).
Oder der Scheinwahrheitseffekt, nach dem einem eine Aussage, die man schon öfter gehört hat, glaubhafter vorkommt als eine neue Info – und zwar ganz unabhängig davon, wie wahr sie ist (“Ich habe schon öfter gehört, dass Sternzeichen etwas über Menschen aussagen, daher muss da wohl etwas dran sein.”).
Wahrnehmungsverzerrungen sind also menschlich und gehören zu unserem Leben dazu – auch deshalb ist niemand davor geschützt, an Verschwörungserzählungen zu glauben. Wir alle haben ein Bedürfnis nach Bindung, Selbstwert, Freude und Kontrolle.
Geraten diese Dinge ins Wanken, zum Beispiel durch eine weltweite Pandemie, einen Jobverlust oder eine Trennung, oder aber fühlen wir uns ohnehin in der Gesellschaft ungerecht behandelt, dann kann es passieren, dass wir versuchen, Antworten zu finden. Wir verbinden zufällige Punkte zu Mustern und gewinnen so vermeintlich die Kontrolle zurück.
Dabei ist man noch kein:e Verschwörungstheoretiker:in, wenn man über die Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen diskutiert oder Angst vor der Impfung hat. So ist Kritik am kapitalistischen System, dem Gesundheitssektor oder Globalisierungstendenzen völlig legitim – solche Skepsis und das Zweifeln sind für eine Gesellschaft sogar sehr wichtig.
Und gleichzeitig gibt es Grenzen, und zwar dort, wo kritisches Denken zu Glauben verkommt. Wenn aus Vermutungen und Zweifeln, Überzeugungen werden: Wenn Verschwörungsgläubige die Antwort kennen, bevor die Frage gestellt wurde.